Pathés Rückkehr nach Belgien: Historischer Kinokonzern feiert strategisches Comeback

by Patrick von Sychowski

Als ich dieses Wochenende auf dem Weg in die Niederlande durch Belgien reiste, fiel mir ein Artikel in der Wochenendausgabe der lokalen Zeitung De Standaard auf. "Franse bioscoopreus Pathé keert na eeuw terug naar Vlaanderen" markierte nicht nur eine bemerkenswerte strategische Rückkehr eines großen europäischen Kinobetreibers auf den lokalen Markt, sondern machte mich auch optimistisch für die Zukunft der Kinobranche in Europa im Allgemeinen.

Der Artikel weist darauf hin, dass die europäische Kinolandschaft eine bedeutende Transformation erlebt, da der französische Kinogigant Pathé Cinémas nach einer effektiv hundertjährigen (!) Abwesenheit eine strategische Rückkehr nach Belgien initiiert. Dieser Schritt, beginnend mit der Umwandlung des Euroscoop Multiplexes in Genk, stellt mehr als nur eine Geschäftstransaktion dar – er ist tatsächlich eine Aussage über die potenzielle Zukunft der Kinobranche in Europa.

Historischer Kontext und aktuelle Strategie


Pathés Geschichte in Belgien reicht tief. Das Ciné Pathé in Antwerp Das Ciné Pathé in Antwerpen war einst ein Kronjuwel des frühen Kinos. Auch der Pathé Palace in Brüssel, der auf das Jahr 1913 zurückgeht, steht als Zeugnis für die historische Bedeutung des Unternehmens. Heute, mit 127 Kinos in mehreren Ländern, bleibt Pathé eine dominierende Kraft in der europäischen Kinobranche, besonders in Frankreich und in Belgiens Nachbarland, den Niederlanden. Ihre Rückkehr nach Belgien ist nicht nur Nostalgie – es ist strategische Expansion.


Die Transformation des belgischen Marktes


Pathés Pläne für seinen aktuellen belgischen Betrieb umfassen mehrere Schlüsselelemente:

  • Die Umbenennung mehrerer Standorte unter der Pathé-Marke (es hatte 10 Kinos unter sechs verschiedenen Namen!);
  • Eine Investition von über 10 Millionen Euro in die Modernisierung;
  • Strategische Konsolidierung kleinerer Standorte, einschließlich der Schließung von Standorten in Libramont und Marche-en-Famenne;
  • Ein umfassendes Renovierungsprogramm mit Fokus auf die Verbesserung des Besuchererlebnisses.

Diejenigen, die Pathés Multiplexe in Frankreich oder den Niederlanden besucht haben, wissen, was sie erwartet (siehe zum Beispiel mein Cinema of the Month: Pathé Beaugrenelle – Paris, Frankreich vom Februar 2020), nämlich ein erstaunliches Erlebnis, oder sie können die Summen bezeugen, die für die Renovierung und Aufwertung des wunderschönen Pathé Royal Theatre Tuschinski ausgegeben wurden (an dem CinemaNext eng beteiligt war).

Marktherausforderungen und -chancen


Das Timing dieses Schrittes ist besonders interessant. Die belgische Kinobesucherzahl zeigt herausfordernde Trends, mit Pro-Kopf-Besuchen, die niedriger sind als in anderen europäischen Märkten, bei nur 1,1 Besuchen pro Jahr [tatsächlich 1,4, wie mir zuverlässig mitgeteilt wurde]. Allerdings sieht die Führung von Pathé dies bezeichnenderweise als Chance und nicht als Hindernis. Laut ihrer belgischen Geschäftsführung ist die Erholung nach der Pandemie im Gange, mit Besucherzahlen, die positive Dynamik zeigen.


Digitale Integration und Zukunftsvision


Was diese Expansion auszeichnet, ist Pathés ganzheitlicher Ansatz zur Unterhaltung:


  • Jüngster Erfolg mit großen Veröffentlichungen wie "Der Graf von Monte Christo" und  "Monsieur Aznavour";
  • Die Einführung ihrer treaming-Plattform "Pathé Thuis" in Belgiem;
  • Pläne für "Pathé Home" in Frankreich, die ihre Multichannel-Strategie demonstrieren;
  • Nutzung von Streaming-Plattformen, um älteren Filmen ein zweites Leben zu geben, wodurch effektiv eine Brücke zwischen traditionellem Kino und digitaler Distribution sowie dem 'zweiten Leben' von Filmen geschlagen wird, die zuvor für Videotheken bestimmt waren.


Wettbewerbslandschaft


Der Schritt ist nicht ohne Risiken, da der belgische Markt einige einzigartige Herausforderungen bietet:


  • Starke Präsenz des Marktführers Kinepolis an erstklassigen Standorten;
  • Notwendigkeit einer sorgfältigen Positionierung, um direkte Konkurrenz zu vermeiden, wobei Kinepolis bereits in den meisten Stadtzentren vertreten ist;
  • Die Chance zur Differenzierung durch Premium-Erlebnisse hat ihren Preis;
  • Fokus auf das Verständnis des lokalen Marktes und Programmgestaltung, wobei Flandern sich stark vom französischsprachigen Wallonien und dem gemischten/kosmopolitischen Brüssel unterscheidet.

Strategische Implikationen für die europäische Kinobranche


Wenn man einen Schritt zurücktritt und das größere Bild jenseits der Kinolandschaft Flanderns betrachtet, illustriert dieser Schritt von Pathé mehrere Schlüsseltrends, die das europäische Kino neu gestalten und die insgesamt Grund für Optimismus geben sollten:
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  1. Große Betreiber sehen Wert in territorialer Expansion trotz Streaming-Konkurrenz;
  2. Investitionen in physische Infrastruktur bleiben entscheidend für langfristigen Erfolg;
  3. Hybride Modelle, die Kino- und digitale Distribution kombinieren, werden zum Standard;
  4. Historisches Markenkapital kann für die moderne Marktpositionierung genutzt werden.

Pathé würde nicht 10 Millionen Euro in einen Markt mit durchschnittlich 1,1 [tatsächlich 1,4] jährlichen Kinobesuchen investieren, wenn sie nicht ernsthaft an das Potenzial für organisches Wachstum glauben würden. Wie Bram van den Broek in dem Artikel deutlich macht: "Es gibt immer noch Raum für mehr Kino, aber wir werden keine direkten Konkurrenten im Kampf mit Kinepolis sein." Das europäische Kino muss kein Nullsummenspiel um einen schrumpfenden Kuchen sein; in Kino zu investieren bedeutet, in zukünftiges Marktwachstum zu investieren.

Ausblick

Pathés Rückkehr nach Belgien könnte somit einen breiteren Trend darstellen, bei dem etablierte Betreiber ihre Präsenz in wichtigen europäischen Märkten wieder behaupten. Der Erfolg dieses Unternehmens wird wahrscheinlich abhängen von:

  • Effektiver Modernisierung der erworbenen Liegenschaften;
  • Strategischer Programmgestaltung, die Blockbuster mit lokalen Filmen ausbalanciert;
  • Integration von digitalen und Kino-Angeboten;
  • Aufbau von Kundenloyalität in einem wettbewerbsintensiven Markt;
  • Innovativer Einsatz neuer Technologien (KI) und Premium-Angebote, kombiniert mit exzellentem Service.

Als einer der ältesten und traditionsreichsten Kinobetreiber Europas könnte Pathés mutiger Schritt zurück nach Belgien einen Präzedenzfall für ähnliche Expansionen auf dem gesamten Kontinent schaffen. Ihre Strategie, traditionelle Stärken der Kinobranche mit digitaler Innovation zu kombinieren, könnte durchaus zu einer Blaupause für Kinobetreiber weltweit werden.

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